Strecke Oberwinterthur - Reutlingen - Seuzach |
Die Bahnstrecke (Winterthur-) Oberwinterthur - Reutlingen -
Seuzach (und weiter bis Etzwilen) wurde 1875 eröffnet.
Gleichzeitig erhielt die damals noch unabhängige Gemeinde
Oberwinterthur einen Bahnhof. Die zuerst gebaute Strecke nach Frauenfeld, besass noch keinen Bahnhof in Oberwinterthur.
Der Oberwinterthurer Ortsteil Reutlingen (damals noch eine
Gemeinde) erhielt am Ortsrand eine Bahnhaltestelle unmittelbar beim
ortsnahen Bahnübergang. Die Haltestelle verkürzte auch den
Einwohnern von Stadel den Fussweg nach Winterthur.
Die Bahnstrecke führt bis unmittelbar nach dem 3.
Bahnübergang des Postens 8c (Haltestelle Reutlingen) etwa an der
heutigen Wiesendangerstrasse auf dem Gemeindegebiet von Oberwinterthur,
welches mit der Eingemeindung nach Winterthur 1922 Winterthurer
Gemeindegebiet wurde. Die Strecke verläuft ohne grosse Steigungen
nach einer Linkskurve aus dem Bahnhof Oberwinterthur geradeaus durch
den heutigen Stadtteil Wallrüti, wo durch Initiative der Stadt
Winterthur 1986 eine Haltestelle Winterthur-Wallrüti hinzukam.
Dann weiter in einer weiten Linkskurve nord-nordwestwärts Richtung
Reutlingen und nach einer leichten Linkskurve und einer Rechtskurve in
den Bahnhof Seuzach. Der Abschnitt Oberwinterthur - Seuzach misst 3,91
Km.
Bedingt durch die relativ ebene Lage und um die Baukosten tief zu
halten wurden auf diesem Streckenabschnitt 10 Strassen und Wege
gekreuzt.
Und zwar wie folgt (die Namen der Strassen entsprechen den heutigen Bezeichnungen): |
. Hegmattenstrasse
. Frauenfelderstrasse
. Stofflerenweg
. Ursulaweg/Wallrütistrasse
. Stadlerstrasse
. Feldweg (ohne Namen)
. Randbühlstrasse (früher ohne Namen)
. Reutlingerstrasse (alt)
. Wiesendangerstrasse (etwa)
. Grundstrasse (Beginn Bahnhof Seuzach) |
Die Posten befanden sich auf Winterthurer Boden an den folgenden Übergängen:
8a Frauenfelderstrasse mit drei Übergängen
8b Stadlerstrasse mit drei Übergängen
8c früher Reutlingerstrasse (Haltestelle Reutlingen) mit ursprünglich drei Übergängen
Nur der kurz vor dem Bahnhof Seuzach liegende Übergang Grundstrasse befand sich bereits in der Gemeinde Seuzach.
Diese Posten unterstanden, mindestens in den Jahren 1970-1980 dem Bahnmeister 8/15 in Etzwilen |
Bei der Eröffnung der Strecke
befanden sich mit Sicherheit Rollgatterschranken an der
Frauenfelderstrasse und der Stadlerstrasse und vermutlich auch neben
der Haltestelle Reutlingen. Vor 1900 müssen auch schon die ersten
mit Seilzug ausgestatteten Barrierenanlagen in Betrieb gewesen sein.
Mindestens in den 1970er Jahren (wohl auch schon davor) unterstanden
die Posten mit 8er Nummern dem Bahnmeister in Etzwilen und dem
Inspektor in Winterthur.
1971/72 wurde beim Posten 8a die Unterführung Frauenfelderstrasse
gebaut, da der Strassenverkehr sehr stark zugenommen hatte und zudem
die Strasse Zubringer zum Autobahnanschluss Oberwinterthur wurde.
Unmittelbar danach wurde auch der Übergang Hegmattenstrasse in eine Unterführung gelegt.
Der Posten 8a
wurde im Zuge der Bauarbeiten an der Frauenfelderstrasse etwas
nordwärts und auf die Westseite des Gleises verlegt und bekam ein
Postengebäude mit geschlossenem Bedienungsraum. Später
verschwand auch der übriggebliebene 3. Übergang und wurde
durch eine Unterführung für Fussgänger und Radfahrer
ersetzt.
Der Posten 8b
wurde im Zuge der Automatisierung ebenfalls aufgehoben und die
Übergänge Ursulaweg/Wallrütistrasse und Stadlerstrasse
erhielten automatische Barrieren, die auch 2023 noch existieren. Der
Feldwegübergang unmittelbar nördlich des Postens wurde
ersatzlos aufgegeben.
Der Posten 8c verschwand 1980
mit dem Bau einer Unterführung und der Verlegung der Haltestelle
auf die Ostseite des Geleises. Der Feldwegübergang südlich
wurde bereits etwa 10 Jahre ersatzlos geschlossen. Der 3.
Übergang, etwa im Zuge der Wiesendangerstrasse erhielt
automatische Barrieren und wurde mit dem Umbau der Strassen in diesem
Bereich komplett aufgegeben. Verschiedene Bauarbeiten im Bereich des
Postens 8c waren auch durch den Bau der Autobahn A1 verursacht worden. |
POSTEN 8a
Kurz nach der Ausfahrt aus dem Bahnhof Oberwinterthur wurde unmittelbar
nach dem Ende der Kurve der Bahnübergang Hegmattenstrasse
erreicht, dessen Barriere vom Posten 8a fernbedient wurde. Der
Übergang wurde nach 1972, also nach dem Bau der Unterführung
an der Frauenfelderstrasse, ebenfalls durch eine Unterführung
ersetzt.
Nicht einmal 200 Meter weiter folgte der Übergang
Frauenfelderstrasse. Diese Strasse war stets recht breit angelegt,
wobei die breiten Gehwege auf beiden Seiten auch dem Fahrradverkehr
dienten.
Bedingt durch die Streckenführung querte die Bahn hier die Strasse
nicht in einem rechten, sondern in einem sehr spitzen Winkel, was auch
auf den untenstehenden Bild gut zu sehen ist. Die Barrieren hingegen
sperrten die Strasse beinahe im rechten Winkel. Dies ergab eine recht
lange Distanz zwischen den Schlagbäumen jeder Fahrspur.
Nachfolgend soll die Situation des Postens etwas genauer erklärt werden.
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Hier einige Details, soweit möglich.
Der nähere Schlagbaum, unmittelbar nach der Strassenlaterne, stand in einem privaten Garten!
Dies sieht man auch gut am Unterbruch im Gartenzaun, der mit den zwei gemauerten Säulen zu sehen ist.
Der nächste Schlagbaum, bereits auf der anderen Gleisseite, steht fast im Unterstand für die Bedienung der barrieren.
Es täuscht nicht, man kann den Schlagbaum durch das Fenster sehen und zwar nur durch eines!
Der Aufenthaltsraum für das Personal befand sich im Wohnhaus hinter dem Posten.
Bei Wind und Wetter musste noch bis in die früheren 1970er Jahre
unter dem einfachen Unterstand, der nur knapp 3 Wände hatte, der
Dienst absolviert werden.
Am sichtbaren Schlagbaum befand sich auch direkt die Kurbel für diesen und den im Garten stehenden Schlagbaum.
Separat dazu stand ein Kurbelstock womit die Schlagbäume auf der anderen Strassenseite bedient wurden.
Dann folgten zwei weitere Kurbelstöcke, zuerst für die Hegmattenstrasse und dann für den Stofflerenweg.
Leider existieren keine Bilder des Inneren des Postens.
Dieses Bild ist ein Ausschnitt des unten folgenden Bildes aus der Sammlung Winterthur der Winterthurer Bibliotheken (winbib),
Signatur 066348 |
Nachfolgend ein Gesamtbild des Postens 8a. Das Bild wurde am 16.02.1971
aufgenommen und sollte die Baumfällarbeiten dokumentieren, welche
vor Beginn der Bauarbeiten für die Unterführung erstellt
worden sind.
Auf der damals noch leeren Fläche rechts der Frauenfelderstrasse wurde später das Technorama erbaut.
Die Schlagbäume trugen damals noch die schwarzen Dreiecke in
welchen sich die Lampe für die Beleuchtung befand. Die Lampen
mussten bei Nacht (von der Dämmerung am Abend bis Sonnenaufgang in
der Frühe), aber auch bei Nebel oder Schneetreiben angezündet
werden.
Bild oben: Foto mit freundlicher Genehmigung: winbib; Winterthurer Bibliotheken, Sammlung Winterthur, Signatur 066348
.
Rund 440 Meter nördlich des Überganges der
Frauenfelderstrasse folgte der dritte Übergang dieses Postens. Er
lag am Stofflerenweg. Da die Barrieren an der Frauenfelderstrasse
bereits 1971/1972 durch Unterführungen ersetzt wurden, erstellten
die SBB einen neuen Posten etwa auf der Höhe des Schwimmbades
Oberwinterthur, wovon die Barrieren Hegmattenstrasse (zu Beginn noch)
und Stofflerenweg bis Spätsommer 1975 bedient wurden. Ein Bild wird später folgen |
POSTEN 8b
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Bild oben: Foto mit freundlicher Genehmigung: winbib; Winterthurer Bibliotheken, Sammlung Winterthur, Signatur 065991 vom 29.04.1971
Bild oben: Bereits zum Posten 8b gehörte der Übergang an der
Wallrütistrasse (früher auch Ursulaweg genannt).Das Bild
wurde von Westen aus aufgenommen. Der Übergang, rund 460 Meter vom
Posten an der Stadlerstrasse entfernt, wurde, wie auch die anderen
Übergänge des Postens 8b im Laufe der 1980er automatisiert.
Dass das Warndreieck fast an der Spitze des näheren Schlagbaumes
angebracht ist, hat mit dem Rechtsverkehr zu tun, man versuchte solche
Installationen so gut wie möglich auf der Höhe der
entsprechenden Fahrspur zu montieren. Der Übergang lag bereits
ausserhalb des vom Posten aus einsehbaren Streckenabschnittes (auf dem
Bild nach links), da die Strecke auch noch eine leichte Kurve aufwies.
Deshalb musste bei Zügen in Richtung Oberwinterthur je nach deren
Geschwindigkeit 1 bis 2 Minuten nach der Vorbeifahrt am Posten gewartet
werden, um diese Barriere zu öffnen.
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Bild oben: Diese Skizze von Urs Naef gibt einen kleinen Eindruck des
Postens 8b an der Stadlerstrasse. Eigentlich müsste grad links vom
Wärterwohnhaus (welches noch heute steht) noch die nur 70 Meter
entfernte, aber fernbediente Barriere des Feldweges drauf sein (hat
jemand ein Bild oder eine Vorlage?). Zum Bild: Nun, es ist bis heute
unklar, ob diese Barrierenanlage ein Läutwerk hatte.
Vorläuten musste man jedenfalls vor dem Senken der Barriere nicht!
Dafür besassen die Schlagbäume ganz sicher Hängegitter.
Vor der Einführung des Taktfahrplanes konnte es besonders in den
Spätschichten sehr einsam sein hier, zumal die, damals noch
zahlreicher verkehrenden, Güterzüge nicht selten stark
verspätet kamen. Bei Dunkelheit war da echt nichts los....
.
Bild unten: So präsentiert sich der Bahnübergang an der
Stadlerstrasse heute (2023). Es verdeutlicht die gerade
Strassenführung. Neu kam nur der separate Übergang für
den Radweg (rechts) hinzu. Wie oben zu sehen ist, stand früher das
Postengebäude (ein gelb verschindelter Einheitsbau, wie im Raum
Winterthur öfter zu finden) im Vorgarten des Wärterhauses.
Die Strassenführung lässt erahnen, dass die Stadlerstrasse
nicht selten als "Rennpiste" genutzt wurde.
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POSTEN 8c
Die folgenden faszinierenden Bilder des Postens 8c wurden von Urs Naef gezeichnet,
dies mit vielen Recherchen und Erinnerungen. Dabei entstanden beinahe
fotografische Werke, welche den Zustand nach 1966 zeigen!
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Von Winterthur kommend erreichte der Zug erst den Übergang am Feldweg.
Hier befanden sich Barrieren des einfacheren Typs Bruchsal, ohne
Hängegitter und Reflektor-Dreiecken. Ausreichend für den
beschiedenen fast nur landwirtschaftlichen Verkehr auf diesem nicht
asphaltierten Weg.
Die Barriere wurde, wie für Fernbedienung üblich, mittels
Vorläuten bedient und die relativ kurzen Schlagbäume
benötigten keine besonders grosse Gegengewichte.
Nach diesem Übergang folgt in kurzer Distanz das Einfahrvorsignal
von Seuzach A1/2*. Trotzdem war der Posten nicht signalabhängig
und es existierte keine Zugmeldeanlage. Alle Barrieren mussten nach
Abläuten oder Fahrplanzeit gesenkt werden. Ursprünglich war
hier auch ein Semaphor-Signal vorhanden, wie bis zuletzt am
Einfahrsignal.
Etwas weiter folgte der Hauptübergang einige Meter vor dem Posten.
Diese Halbschranke hatte keine Glocke und wurde ohne Vorläuten
gesenkt.
Links vom Gleis sieht man den sehr einfach Bahnsteig, der zur Hauptsache aus Sand und Kies bestand.
Das Postengebäude bekam mit dem Anbau des Unterstandes für
die Passagiere seine Form eines 'L' erst etwa Ende der 1960er (deshalb
Zustand nach 1966). Das genaue Baujahr konnte nicht ermittelt werden.
Das Postengebäude erfuhr über die Jahre auch einige
Veränderungen präsentierte sich jedoch wie gezeichnet bis zum
Schluss.
Im Winkel von Unterstand, der nur drei Wände hatte und auf der
Gleisseite offen war, stand das Siemens-Spindelläutewerk
(Abläuteglocke).
Gegenüber des Postens war im Vorfeld des Autobahnbaues bereits ein landwirtschaftliches Gebäude abgerissen.
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Hat der Zug mal Reutlingen verlassen, kommt er rund 600 Meter nach dem
Einfahrvorsignal zum Einfahrsignal A 1/2 von Seuzach, welches bis Mitte
der 1980er Jahre noch aus einem zweiflügligen Semaphor bestand.
Kurz danach folgte der dritte Übergang, der von Reutlingen aus
bedient wurde. Diese Strasse wies einen relativ dichten Verkehr auf, da
sie nebst der Strasse über den Rosenberg, die einzige wichtigere
Verbindung zwischen Seuzach und Winterthur darstellte. Diese Barriere,
des Typs Bruchsal wie alle an dieser Strecke; besass aber keine
Hängegitter, jedoch Reflektor-Dreiecke auf beiden Seiten und eine
Vorläuteglocke.
Der Übergang lag fast 500 Meter vom Posten entfernt und war bei
Nebel und bei Nacht eine Herausforderung für das
Barrierenpersonal, denn die beiden Strassenlaternen konnten auch mal
ausfallen und bei dichtem Nebel waren sie ohnehin nicht zu sehen.
Noch recht lange besass die Oberleitung hier hölzerne Masten, die
zum Schutz des Holzes mit einer grünlichen Farbe gestrichen waren.
Wann sie alle durch stählerne Masten ersetzt wurden ist nicht
bekannt, aber es scheint in Etappen gewesen sein.
Zum besseren Verständnis: von links kommt die Strasse aus
Winterthur und Reutlingen und sie verzweigt sich bei der herbstlichen
Birke nach links Richtung Seuzach und nach rechts nach Stadel und
Mörsburg. In Richtung Seuzach musste nur knapp 400 Meter nach der
ersten Gleisüberquerung wieder übers Gleis auf die andere
Seite gewechselt werden, dies war dann der vom Bahnhof Seuzach aus
bediente Übergang Grundstrasse.
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Was bot die Haltestelle Reutlingen, als sich hier noch ein Posten befand?:
Leider habe ich keinen genauen Fahrplan mehr vorliegen, aber anhand des
SBB Kursbuches vom Sommer 1975 lassen sich die Züge ablesen,
welche in Reutlingen hielten, auch wenn die Haltestelle gar nicht erwähnt wurde:
Züge von Seuzach nach Winterthur: Zug 4004 ab Seuzach 06.12; Zug 4012 ab Seuzach 07.13; Zug 4042 ab Seuzach 13.31
Züge von Oberwinterthur nach Seuzach (und weiter Etzwilen usw.):
Zug 4041 ab Oberwinterthur 12.10; Zug 4069 ab Oberwinterthur 17.41; Zug
4075 ab Oberwinterthur 18.45
Die Fahrzeit zwischen Reutlingen und Seuzach betrug etwa 2 Minuten.
Damals verkehrten ohnehin nicht viele Personenzüge auf dieser
Strecke, je nach Wochentag maximal 10 Züge je Richtung. Die
Zughalte in Reutlingen fanden nur Montag bis Freitag statt und die
Abfertigung der Züge oblag dem Zugführer.
Über diese Strecke verkehrten damals täglich manchmal recht
lange Güterzüge von/nach Singen (Deutschland), aber auch der
inländische Güterverkehr konnte beachtlich sein. So wurden
Getreide, Kartoffeln und Zuckerrüben hier vorbei
transportiert.
Die Reisenden konnten in Reutlingen auch Fahrkarten erwerben. Die
Haltestelle war zwar kein eigenständiger Tarifpunkt. So wurden
vorgedruckte Edmondson'sche Karton-Fahrkarten mit Gültigkeit ab
Seuzach nach Oberwinterthur, Winterthur und Zürich ausgegeben. In
der Gegenrichtung war die aufgedruckte Gültigkeit ab
Oberwinterthur nach Seuzach. So mussten auch die von Hand ausgestellten
Blanko-Fahrkarten berechnet werden. Es gab nur Fahrkarten 2. Klasse
(ausser nach Zürich, da gab es auch die grünen 1.
Klasse-Karten), sowohl einfach als auch Hin- und Zurück. Für
ermässigte Fahrkarten (halber Preis) musste der untere Teil der
vorgedruckten Fahrkarten abgeschnitten werden und mit der Abrechnung
und dem Bargeld am Schalter eines der beiden Nachbarbahnhöfe
abgegeben werden.
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